Liebe, Einsamkeit und menschliche Endlichkeit: Ewige Themen durchziehen im scheinbar harmlosen Volksliedton die sechzehn Lieder von Robert Schumanns berühmter Dichterliebe auf Gedichte von Heinrich Heine. Diese Lieder sind Klang gewordene Imaginationen einer zerrissenen Seele. Einer rätselhaften Seele, die eine Liebe besingt, von der wir nicht wissen, ob sie erträumt oder reale Vergangenheit ist.
Christian Jost schrieb 2017 zu den Melodien von Robert Schumann eine Kammerorchesterfassung, die den Liedzyklus klanglich erweitert und in ein heutiges Licht taucht – ein Abschied vom 19. Jahrhundert mit seinen Idealen von blumenhaften Mädchen, einsamen Abenden am Waldesrand und Fluchtversuchen in den Traum?
Ist bei Schumann jedes Lied für sich abgeschlossen, erscheinen die sechzehn Lieder in meinem Werk wie Inseln, die organisch in eine große, neu angelegte Komposition eingewebt sind. Grundlage meiner Komposition sind Schumanns Harmonien und Melodien, welche die Keimzellen meines Klangstroms bilden. Die Liedtexte Heines bleiben komplett erhalten, wie auch die Gesangslinien Schumanns, obgleich Textstellen wiederholt werden bzw. neue Schwerpunkte erhalten. Dabei bleibt alles im Fluss, einem klanglichen Strom des Unbewussten. Begleitet von assoziativen Visualisierungen erzählt mein Werk keine chronologische Geschichte, sondern öffnet überraschend einzelne Fenster in die menschliche Seele.
Christian Jost
In unserer performance-ähnlichen Inszenierung befinden sich die Zuschauer, die 10 Orchestermusiker:innen und die Sänger:innen gemeinsam in einer Rauminstallation mit 360° Videoprojektionen. Die 16 Lieder des Zyklus’ sind dabei vielsagend und zugleich deutungsoffen auf drei Sänger:innen verteilt: eine Mezzosopranistin, einen Tenor und einen Bariton. So entsteht ein eindrucksvoller Abend mit überraschenden Klangfarben, der viel Raum für eigene Assoziationen lässt.
Premiere / 29. Mai 2023
Mitwirkende
Mezzosopran / Joanna Jaworowska
Bariton / Máté Sólyom-Nagy
Tenor / Jasper Sung