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Probenstart für DENIS & KATYA

In der STUDIO.BOX verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Wahrnehmung

Mit Philip Venables’ Kammeroper Denis und Katya entsteht in der STUDIO.BOX des Theaters Erfurt ein außergewöhnlicher Abend mit top-aktuellem Thema: Regisseur Markus Weckesser, Ausstatterin Mila van Daag, Dramaturgin Larissa Wieczorek, der Musikalische Leiter Stefano Cascioli, Regieassistent und Inspizient Philipp Etzel, Ks. Katja Bildt und Ks. Máté Sólyom-Nagy gaben gestern den Startschuss für die Proben zur Neuproduktion des gerade weltweit die Bühnen erobernden Stücks, das sich mit unserem Umgang mit sozialen Medien und den Folgen beschäftigt.

In der „amplifizierten“ (also per Mikroports verstärkten) Kammeroper geht es um eine wahre Begebenheit rund um zwei Fünfzehnjährige, die 2016 nach einem Streit von Zuhause weggelaufen sind, sich in einer Jagdhütte verschanzt haben und – von ihren Social Media Followern angeheizt – im Video-Livestream begonnen haben, um sich zu schießen. Spätestens nachdem Polizei und Sicherheitskräfte die Datscha umstellt haben, eskaliert die Situation vollends. Am Ende sind die beiden Teenager tot.

Was passiert ist, bekommt der Zuschauer der Kammeroper jedoch nicht zu sehen. Stattdessen wird uns davon in verschiedenen, teils widersprüchlichen Aussagen diverser Akteure berichtet. Das sorgt in Summe beim Publikum für jede Menge Kopfkino. Niemand weiß, was wirklich passiert ist und jeder setzt die Geschichte für sich anders zusammen.

Das Bühnenbildmodell in der STUDIO.BOX zeigt einen aufgeräumten Raum. Die zwei über Eck gestellte Publikumstribünen rahmen die Spielfläche von 6,5 mal 6,5 Metern zusammen mit zwei in der Diagonale angebrachten Projektionsflächen ein. Auf der mittig platzierten Spielfläche agieren die beiden Kammersänger:innen Katja Bildt und Máté Sólyom-Nagy. Sie schlüpfen beide in sechs unterschiedliche Rollen (Journalistin, Freund, Lehrer, Nachbarin, Teenager und Arzt), um in der Art und Weise einer mit schnellen Schnitten zwischen den Befragten hin- und her wechselnden TV-Dokumentation die Geschehnisse der letzten Stunden von Denis und Katya zu rekonstruieren. Begleitet werden sie von vier Violoncelli, die jeweils in den vier Ecken der quadratischen Bühne sitzen werden und ihre digitalen Noten von Tablets ablesen.

Diese Form des musikalischen Erzähltheaters funktioniert ohne Dirigent. Mittels InEar-Technik und darauf übertragenen „Clicktracks“ (die wie ein Metronom funktionieren) erhalten die beiden Darstellenden und die vier Cellisten ihre Einsätze. Es gibt viele extrem kurze Szenen, die teils durch Videoprojektionen von WhatsApp-Nachrichten unterbrochen werden, welche den Entstehungsprozess der Oper selbst offenlegen. Eingebettet ist das Ganze in gemäßigt moderne Musik, die sowohl die jeweiligen Befragten charakterisiert, als auch das Kopfkino der Zuschauenden befeuert.

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Foto: Steffi Becker | Bühnenbildmodell