“Publikumsbeschimpfung” von Peter Handke
Ein Sprechstück ohne Handlung, ein Schauspiel ohne Bilder. Kein Bild der Welt wollte Peter Handke dem Publikum geben. Ein Affront gegen alle Theaterkonventionen! Serviert werden stattdessen: Beschimpfungen, Selbstbezichtigungen, Beichten, Aussagen, Fragen, Rechtfertigungen, Weissagungen und Hilferufe; das ganze Arsenal der menschlichen – und theatralen – Äußerungsformen. Wie ein heftiger Regenschauer prasseln die Wortkaskaden auf das Publikum herab – einfach, weil es da ist. Denn das Publikum, so Handke, ist das Ereignis. Es hat die Ansprache verdient.
Die Uraufführung 1966 in der Regie von Claus Peymann war ein Skandal und ein Politikum: Das Stück sei ein “Aufstand gegen das Bestehende” meinte Peymann. Und heute? Die Tabus von damals sind keine mehr. Was hat es also noch auf sich mit diesem Stück, das sich direkt an das Publikum wendet, mit ihm spielt, es provoziert und "beschimpft", um sich am Ende doch bei den Zuschauern zu bedanken?
Was will, kann, darf und fordert das Theater und was das Publikum – diese Frage ist heute so zentral wie damals. Gerade in einer Situation, in der das Schauspiel für Erfurt wichtig und unverzichtbar werden soll, stellt der Text grundsätzliche Fragen – und das auf äußerst witzige, unterhaltsame und intelligente Weise.